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Freifallsimulator im Test - 2021-08-02

Der Traum vom Fliegen Fliegen ist längst kein Traum mehr! Ein Grenzübergang, ins nahegelegene Sterpenich in Belgien genügt, um eine sensationelle Erfahrung im Freifallsimulator zu erleben. Zusammen mit Freefly-Weltmeister Baptiste Welsch, will auch ich das Fliegen im Windkanal lernen.

Allein der Anblick des Windtunnels mitten in der riesigen Indoor Skydiving-Anlage löst bei mir ein mulmiges Gefühl aus. In diesem durchsichtigen Kanal, soll es tatsächlich möglich sein ohne irgendwelche Vorkenntnisse und ohne sportliche Begabung wie bei einem Freifall eines echten Fallschirmsprungs regelrecht in der Luft zu schweben? 21 Meter hoch ist der Tunnel aus Glas und drinnen kann der Wind bis zu 360 Stundenkilometer blasen. „Es ist das leistungsstärkste Gebläse der Welt“, behauptet ganz stolz Magali Braff. „Das Konzept stammt ursprünglich aus den Vereinigten Staaten, wo es ab 1982, zum Training der Soldaten verwendet wurde.“ Zusammen mit ihrem Mann Steve sind sie die Inhaber des „Luxfly“ in Sterpenich, nur einige Kilometer von der luxemburgischen Grenze entfernt. „Es ist eine weltweit einzigartige Infrastruktur, in die acht Millionen Euro investiert wurden. Wir besitzen den einzigen Freifallsimulator, der ein Amphitheater besitzt, um die Flüge beobachten zu können.“

Das von vier Motoren produzierte Gebläse, reproduziert die gleichen Bedingungen, wie bei einem freien Fall mit dem Fallschirm. Der gleichmäßige Luftstrom ermöglicht das Fliegen. Kling eigentlich ganz einfach. Doch ich habe trotzdem ein ungutes Gefühl. Soweit ich zurückdenken kann, habe ich immer unter Höhenangst gelitten und seekrank bin ich auch noch. Sobald es etwas zu viel hin und her schaukelt oder es in die Höhe geht, wird mir schlecht. „Es ist wie ein Tanz mit der Luft“, versucht mich Magali zu beruhigen. „Es hat absolut nichts mit den Fahrgeschäften auf einem Rummelplatz zu tun, wo tatsächlich die Wahrscheinlichkeit besteht, dass einem übel wird. Im Simulator fliegst du, schön weich, wie auf einer Wolke. Die Luft trägt einen und deshalb entstehen auch keine Höhenangst und kein Schwindelgefühl, da man nicht in direktem Zusammenhang mit der Erde ist.“

Trotzdem steigt die Nervosität in mir langsam aber sicher, steil nach oben. Zu wissen, dass Kinder ab vier Jahren im Freifallsimulator das Fliegen problemlos lernen können, macht die Aufregung noch schlimmer. Auf was habe ich mich wieder eingelassen?

„Es sieht viel beeindruckender und schwieriger aus, wenn man andere im Windtunnel betrachtet, als wenn man selbst drinnen ist. Es ist ein sehr angenehmes Gefühl, dass du nachher nicht mehr missen möchtest. Ein bisschen Aufregung ist normal, aber die wirst du schnell vergessen. Das kannst du mir glauben“, versichert mir Baptiste Welsch. Der 30-Jährige weiß von was er redet. Er ist Weltmeister im „Freefly“. Es handelt sich um eine, von vielen, Fallschirmsportdisziplinen. Eine künstlerische Sportart, mit einer ordentlichen Portion Nervenkitzel verbunden, wo es darum geht im Freifall, während 45 Sekunden, im Team anspruchsvolle Figuren zu vollbringen. Ein drittes Team-Mitglied filmt die verschiedenen akrobatischen Kunststücke.

„Mein erster Fallschirmsprung habe ich mit 16 Jahren gemacht“, erinnert sich der Weltmeister. Seitdem hat er mehr als 3.000 Sprünge hinter sich und ungefähr 3.000 Stunden im Freifallsimulator verbracht. Dieser einzige Gedanke, beruhigt mich ein bisschen. Was soll denn schon mit einem Weltmeister schief gehen? „Im Freifallsimulator kann ich meine Leidenschaft mit den Besuchern teilen und ihnen gleichzeitig Gefühle vermitteln, die sie ohne den Simulator nie erleben könnten. Das ist einfach toll!“

Bevor es losgehen kann, erklärt ein Kurzfilm mir wie ich mich im Tunnel zu verhalten habe, denn drinnen in das Geräusch des Gebläses so laut, dass wir nicht normal miteinander kommunizieren können, sondern nur per Handzeichen. Eine optimale Flugtechnik besteht darin, die Arme stets nach vorne zu strecken, die Handflächen nach unten zu drehen, den Kopf schön hoch zu halten und die Beine anzuwinkeln. Die innere Unruhe lässt nicht nach. Im Gegenteil. Bekomme ich das nachher im Windtunnel wirklich so hin? Baptiste reicht mir meine Ausrüstung. Dieselbe, die stets Superman trägt. Ich kann mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen. „Na super, jetzt werde ich mit Sicherheit total lächerlich aussehen“. Zusätzlich gibt es eine Schutzbrille, ein Helm und Ohrstöpsel. Dann ist es soweit. Wir können abheben. Ich habe Herzklopfen, wie schon lange nicht mehr. Als ich vor dem Eingang des Tunnels stehe, denke ich mir noch „Nein, das machst du nicht!“ Doch schon fliege ich. Wie bin ich im Tunnel gelandet? Ich weiß es nicht? Es geht alles so schnell. Ich habe gar keine richtige Kontrolle über meine Bewegungen. Baptiste hält mich mit einer Hand fest, mit der anderen gibt er mir Anweisungen. Dieselben die ich fünf Minuten zuvor im Präsentationsfilm gesehen habe. Ich muss mich konzentrieren, um nicht in Panik zu geraten. Es ist regelrecht atemberaubend. Diese viele Luft ist mir nicht angenehm. Ich habe das Gefühl, sie stört mich beim Atmen. Ich versuche mich zu entspannen, konzentriere mich nur noch auf die Augen von Baptiste, doch es gelingt mir einfach nicht mich wohl zu fühlen. „Ich will hier raus. Jetzt und sofort“. Doch wie soll ich meinem Coach, das zu verstehen geben? Der Flug dauert nur eine Minute, doch das war mit großer Wahrscheinlichkeit die Längste meines Lebens. Es sind vier Flüge geplant. Dazwischen gibt es immer eine kleine Verschnaufpause. Beim zweiten Versuch, fühle ich mich weniger angespannt. Der Weltmeister macht ermutigende Zeichen mit den Händen. Lächelt mir immer wieder zu und gibt mir mit einem Handzeichen immer wieder zu verstehen, ich soll mich entspannen. Es gelingt mir immer nur wenige Sekunden, doch dann nimmt mich die Realität immer wieder ein. Es fällt mir nicht leicht die Kontrolle abzugeben. Dieser Eindruck, total abhängig von meinem Begleiter zu sein, werde ich bis zum Schluss nicht mehr los. Ich bin nicht Meister meiner selbst und dieses Gefühl löst bei mir eine Art Panik aus. Fazit: Es ist tatsächlich eine unnachahmliche Erfahrung, auch wenn ich sie nicht als hundertprozentig zufriedenstellend einschätzen würde. Das hat allerdings nichts mit der Qualität des Freifallsimulators oder der Betreuung des Coachs zu tun. Es hat eher damit zu tun, dass ich lernen muss, in verschiedenen Situationen einfach loszulassen. Ob ich es irgendwann, aufs Neue, in den Windtunnel wagen werde? Ich bin nicht abgeneigt. Wenigstens, weiß ich bei einem neuen Versuch, was auf mich zukommt.

Weitere Informationen: Luxfly Indoor Skydive 103, rue de Grass B-6700 Sterpenich Tel. +32 477 52 85 66 indoorskydive.lu

Baptiste Welsch www.baptistewelsch.com

Text: Jérôme Beck – Fotos: Philippe Reuter Zitate: „Es ist das leistungsstärkste Gebläse der Welt.“ - Magali Braff, Inhaberin des „Luxfly Indoor Skydive“

„Im Freifallsimulator kann ich meine Leidenschaft mit den Besuchern teilen.“ Baptiste Welsch, Freefly-Weltmeister